Kochendorf:
Am 30. März 1945 wird das Lager in Kochendorf geräumt und die Häftlinge müssen den langen Fußmarsch nach Dachau antreten. Vor dem Aufbruch werfen die SS-Männer einige Laib Brot in die hungrigen Häftlingsmenge. Jeder kämpft erbittert um ein kleines Stück, doch am Ende bekommen nur die Stärkeren etwas ab. Die Häftlinge müssen sich in Fünferreihen aufstellen und losmarschieren. Wer unterwegs vor Schwäche zusammenbricht, wird von den Wachmännern erschossen.
Neckarsulm:
Zunächst durchqueren die Häftlinge den Nachbarort Neckarsulm. Manche müssen schwere Leiterwagen ziehen, auf denen Proviant, Munition und Waffen der SS-Männer transportiert werden. Einige SS-Männer radeln mit ihren Fahrrädern voraus. Ein Wachmann hat auch seinen Hund dabei, den er immer wieder auf die kraftlosen Häftlinge hetzt. Die halb verhungerten Männer bilden eine lange Schlange aus blau-weiß gestreiften Häftlingsanzügen.
Weinsberg:
In Weinsberg werden die Häftlinge von einem Kochendorfer Landwirt gesehen. Er bestätigt später bei einer Zeugenaussage, den Häftlingen zunächst in Neckarsulm und dann in Weinsberg begegnet zu sein. Er erwähnt auch die mit Gepäck beladenen Wagen, die manche Häftlinge ziehen müssen.
Löwenstein:
Nach 26 Kilometern Fußweg und einem steilen Aufstieg in die Löwensteiner Berge, endet für die Häftlinge die erste Etappe des Todesmarsches. Die Nacht verbringen sie in einem Wald unter freiem Himmel. Doch schon am nächsten Morgen gehen die Qualen weiter. Kurz nach dem Abmarsch wird die Häftlingskolonne von Tieffliegern angegriffen. Die Flugzeuge erkennen offenbar nicht, dass es sich um Häftlinge handelt. In Löwenstein gibt es fünf Tote. Um weitere Angriffe zu vermeiden, marschiert die Häftlingskolonne nur noch bei Nacht.
Mainhardt-Hütten:
Die Häftlingskolonne erreicht am 31. März die Gemeinde Hütten. Dort kampieren die Gefangenen drei bis vier Tage im Mainhardter Wald. Der Hüttener Bürgermeister erfährt vom erbärmlichen Zustand der Häftlinge und lässt Lebensmittel für sie heranschaffen. Er bittet den Lagerkommandanten Büttner, die etwa 200 schwächsten Häftlinge ins nahe gelegene KZ Hessental bringen zu dürfen. Büttner weigert sich zunächst, willigt aber ein, als er offiziell den Befehl dafür erhält. Die geschundenen Männer werden mit vier Lastwagen abgeholt. Für die anderen geht es weiter in Richtung Fichtenberg. Im Wald bleiben 47 Tote zurück. Jetzt erfahren auch die Dorfbewohner was im Wald vor sich ging. Sie holen die zurückgelassenen Häftlingsleichen auf einem Ochsenkarren aus dem Wald und beerdigen sie.
Fichtenberg-Kronmühle:
Am Morgen des 3. April beobachtet ein Bewohner der Gemeinde Fichtenberg die Ankunft der Häftlingskolonne. Er sieht, wie ein Häftling mit mehreren Schüssen getötet wird, weil er nicht mehr weiterlaufen kann. Die Häftlinge werden in der Scheune der Kronmühle untergebracht. Die Wachmänner ordern bei der Gemeinde Fichtenberg für zwei Tage Lebensmittel an. Doch schon am Abend zieht die Kolonne weiter und durchquert in der Nacht die Nachbarorte Bröckingen und Untergröningen. Im Schutz der Dunkelheit gelingt drei polnischen Gefangenen die Flucht. Sie laufen zurück zur Kronmühle und verstecken sich im Stroh. Dort werden sie von einem Bauer entdeckt. Er gibt ihnen Zivilkleidung, damit sie unerkannt flüchten können. Was aus ihnen wurde, ist nicht bekannt.
Bröckingen:
Auch in Bröckingen ist einem Häftling in der Nacht die Flucht gelungen. Er versteckt sich in einer Werkstatt und wird dort am nächsten Morgen vom Besitzer im Sägemehl gefunden. Als dieser mit etwas Essen zurückkommt, ist der Häftling verschwunden.
Untergröningen:
In Untergröningen bekommen die Häftlinge verdorbene Kartoffeln geschenkt. Für einige ist das seit Tagen die erste Mahlzeit. Sie verschlingen die Kartoffeln hastig und werden krank. Rund 15 Häftlinge sollen daran gestorben sein. Die Toten werden auf dem Friedhof in Untergröningen begraben. Ein Anwohner beobachtet von seinem Fenster aus, wie Häftlinge die Leichen auf einem Wagen zum Friedhof ziehen und sie nackt in eine Grube werfen müssen. Dabei werden sie von SS-Männern mit schussbereiten Gewehren bewacht. Am 6. April ziehen die Häftlinge weiter.
Algishofen (Gemeinde Obergröningen):
Nach weiteren 20 Kilometern Marsch kommt die Häftlingskolonne in Algishofen an. Da sich der Zustand der Häftlinge weiter verschlechtert hat, muss die SS wieder eine längere Rast einlegen. Auch hier finden die Gefangenen in Scheunen Unterschlupf. Die Schwerkranken übernachten etwas außerhalb in einer Wagenhütte. Dort kommen manchmal Ortsbewohner vorbei, die von den kranken Männern um etwas Essbares angebettelt werden. Geschockt vom grauenvollen Anblick der abgemagerten Häftlinge, verteilen manche heimlich etwas Brot. Doch nicht alle Algishofener haben Mitleid. Nachdem die Kolonne weiter gezogen ist, entdecken sie einen geflohenen Häftling und händigen ihn der Polizei aus.
Goldshöfe:
Am 7. April sind die Häftlinge nach weiteren 19 Kilometern Fußmarsch endgültig am Ende ihrer Kräfte. Die SS-Leute legen in Goldshöfe eine Pause ein und organisieren in Wasseralfingen offene Güterwaggons. Die Häftlinge sollen das letzte Stück nach Dachau mit dem Zug fahren. Doch auch die Fahrt wird zur Tortur. Die offenen Waggons sind eigentlich für Kalk- und Sandtransporte vorgesehen und bieten den Häftlingen keinen Schutz vor Regen und Kälte.
Aalen:
Auf der Zugfahrt sterben eine Häftlinge in den Waggons. Immer wenn der Zug anhält werden die Toten ausgeladen. Bis dahin müssen die Gefangenen auf den Leichen sitzen. Auch bei Aalen werden später die Überreste toter Häftlinge gefunden.
Heidenheim:
Der Zug hält auch in Heidenheim. Wieder wird ein toter Häftling ausgeladen. Er wird in die städtische Leichenhalle gebracht. Es ist ein 35-jähriger polnischer Jude, der über Auschwitz und Vaihingen an der Enz in das KZ Kochendorf kam.
Ulm:
Vermutlich in Ulm oder Augsburg werden die Häftlinge in geschlossenen Waggons umgeladen. Bis der Zug mit den geschlossenen Abteilen zusammengestellt ist, sperren die SS-Soldaten die Häftlinge in Lokomotivschuppen ein. Mit diesem Zug erreichen die Häftlinge das Konzentrationslager Dachau.
Augsburg:
Vermutlich in Ulm oder Augsburg werden die Häftlinge in geschlossene Waggons umgeladen. Bis der Zug mit den geschlossenen Abteilen zusammengestellt ist, sperren die SS-Soldaten die Häftlinge in Lokomotivschuppen ein. Mit diesem Zug erreichen die Häftlinge das Konzentrationslager Dachau.
Dachau:
Am Morgen des 8. April trifft der Zug mit den Häftlingen in KZ Dachau ein. Gleich nach der Ankunft müssen die Überlebenden ihre toten Kameraden aus dem Zug holen und in das Krematorium tragen. Bis zum 12. April werden in Dachau ungefähr 1194 lebende Häftlinge aus dem KZ Kochendorf registriert. Alle die später eintreffen, werden vermutlich nicht mehr vermerkt. Insgesamt sind auf dem Kochendorfer Todesmarsch rund 120 Häftlinge ums Leben gekommen. Das KZ Dachau wird drei Wochen später von amerikanischen Truppen befreit.