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"Sie kamen aus ganz Europa"

Die Häftlinge im KZ Kochendorf kommen aus den besetzten Gebieten aus ganz Europa und wurden hauptsächlich aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen verschleppt. Insgesamt sind zwischen September 1944 und März 1945 rund 2000 Häftlinge aus etwa 21 Nationen im Lager vertreten. Die Herkunft und der Haftgrund der Häftlinge bestimmen im KZ die Rangfolge in der Gruppe und damit die Chance zu Überleben.

Die meisten Häftlinge im KZ Kochendorf kommen aus Polen, Russland, Ungarn oder Frankreich. Aber es gibt auch Holländer, Deutsche, Luxemburger und andere Nationalitäten. "Es gab kaum ein Land auf der Europakarte, aus dem keine Häftlinge kamen", sagt der Journalist und KZ-Forscher Klaus Riexinger. Einige wurden aus den besetzten Gebieten verschleppt, wie zum Beispiel die meisten Polen, die nach dem zweiten Warschauer Aufstand verhaftet wurden. Die russischen Häftlinge in Kochendorf sind größtenteils Kriegsgefangene und die Franzosen sind hauptsächlich Bergleute und aktive Widerstandskämpfer der Resistance. Einige Juden in Vernichtungslagern wurden nach ihrem Beruf in die Fachleutegruppe Metallarbeiter ausgelesen und nach Kochendorf deportiert, um dort, bevor sie endgültig ermordet werden sollen, Zwangsarbeit zu leisten. Die Häftlinge werden im Lager streng nach Nationalität getrennt und in verschiedenen Baracken untergebracht.

Häftlingskategorien und Hierarchien

Nach der Ankunft bekommt jeder Neuankömmling eine Sträflingsuniform. Die besteht in Kochendorf aus drei Teilen: einer Jacke, einer Hose und einer Mütze, alles blau-weiß gestreift. Dazu bekommt jeder eine Matrikelnummer. Diese wird aber nicht, wie in anderen KZ auf den Unterarm tätowiert, sondern auf einem Stoffstreifen an der Uniform angebracht. In Kochendorf ist das eine Natzweiler Häftlingsnummer. Jeder Häftling wird im übergeordneten Stammlager registriert. Zusätzlich zur Nummer wird ein so genannter Winkel, ein dreieckiges Symbol, auf die Jacke genäht. Die verschiedenen Farben dieser Winkel definieren, zu welcher Kategorie der jeweilige Häftling gezählt wird. Gleichzeitig kennzeichnet er den Haftgrund und die Herkunft des Gefangenen. Die Kategorien werden unter anderem unterschieden zwischen politischer Häftling, Krimineller, Zeugen Jehovas, Homosexueller oder Asozialer. Zusätzlich symbolisiert ein Buchstabe auf dem Winkel, die Nationalität des Häftlings.

Bild: Die Häftlingsuniform eines Kochendorfer KZ-Häftlings. Der rote Winkel auf der Uniform steht für politischer Häftling. 

"Arier" bevorzugt

Durch diese Kennzeichen erkennen die SS-Soldaten sofort welcher Kategorie der Häftling zugeordnet ist und wie er behandelt werden muss. Denn diese Kategorien entscheiden auch über die Rangfolge der Häftlinge in der Gruppe. Je nach Rangfolge sinken oder steigen ihre Überlebenschancen im Lager. Besonders Juden, aber auch Russen und Polen, sind in dieser Hierarchie ganz unten angesiedelt und haben im Lager ein besonders schweres Schicksal. Sie bekommen im Lager die schlimmsten Arbeiten zugeteilt. Deutsche und Luxemburger hingegen, werden von der SS zu den "Ariern" gezählt und daher bevorzugt. Sie werden häufig auch als so genannte Funktionshäftlinge eingesetzt.

Bild: Kennzeichentafel für die verschiedenen Häftlingskategorien. 

Die Funktionshäftlinge

Diese Funktionshäftlinge gehören einer weiteren von der SS erschaffenen Kategorie an. Sie müssen im Sinne der SS "funktionieren" und bekommen als deren Bedienstete leitende Rollen und besondere Aufgaben zugeteilt. Unter den Funktionshäftlingen gibt es den Stubenältesten, der den Unterabteilungen der Baracke vorsteht, einen Blockältesten für die einzelnen Baracken, einen Lagerschreiber, der Sterbefälle an das Stammlager meldet und Übersichten über den Arbeitseinsatz der Häftlinge führt. An der Spitze steht der Lagerälteste, der als Verantwortlicher das Lager gegenüber der SS vertritt. Die so genannten Kapos leiten die jeweiligen Arbeitskommandos und müssen ihre Mithäftlinge bei der Arbeit beaufsichtigen. Sie haben auch die Aufgabe, die Häftlinge ständig anzutreiben schneller und noch mehr zu arbeiten. Funktionshäftlinge genießen im Lager viele Vorteile. Sie bekommen mehr Essen und müssen körperlich nicht schwer arbeiten.

Camille Werdun wird als Luxemburger Häftling von der SS zu den sogenannten Ariern gezählt und ist dadurch etwas besser gestellt. Er wird der persönliche Diener des Lagerkommandanten und muss nicht im Bergwerk arbeiten. Das rettet ihm womöglich das Leben.

 

Kapos

Besonders die Rolle der Kapos ist umstritten. Denn einige nutzen ihre Sonderstellung gerne aus und behandeln ihre Mithäftlinge äußerst brutal. Manche handeln sozusagen SS-loyal und haben sich auf die Seite der Stärkeren begeben. "Die SS hatte gezielt kriminelle Häftlinge als Kapos ausgesucht. Diese haben ihnen die Arbeit des Quälens abgenommen und die SS musste somit nicht selbst tätig werden", erklärt Klaus Riexinger. Auch überlebende Häftlinge schilderten oft, wie brutal sie von Kapos geschlagen wurden. Es gibt auch politische Häftlinge, die als Kapos fungieren. Einige sollen sich für die Häftlinge eingesetzt haben, so gut sie konnten. Der politische Häftling Willi Heimig soll als Kapo in Kochendorf einigen Häftlingen das Leben gerettet haben, indem er sie in leichtere Arbeitskommandos einteilte. "Doch das war eine Gratwanderung. Er durfte das nicht zu offensichtlich tun, sonst hätte ihn die SS schnell aus diesem Posten entfernt", erklärt Klaus Riexinger.

Zur Person:

Klaus Riexinger leitet seit 2002 die Gesamtredaktion der Wochenzeitung "Der Sonntag" in Südbaden. Zusammen mit Detlef Ernst schrieb er das Buch "Vernichtung durch Arbeit - Rüstung im Bergwerk" über die Geschichte des Konzentrationslagers Kochendorf. Im Jahr 2002 wurden sie dafür im Rahmen des Landespreises für Heimatforschung geehrt.

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